30 Jahre deutsche Einheit

Am 3. Oktober 1990 trat der Einigungsvertrag in Kraft, mit dem die Teilung Deutschlands nach 45 Jahren überwunden wurde. Zum 30. Jahrestag der deutschen Einheit erklärt Sebastian Hartmann, Vorsitzender der NRWSPD:

„Seit 30 Jahren sind Ost- und Westdeutschland wieder vereint. Der 3. Oktober ist ein Tag der großen Freude. Unvergessen wie einzigartig bleibt die friedliche Revolution vom 9. November 1989, denn die mutigen Bürgerinnen und Bürger in Ostdeutschland machten den 3. Oktober erst möglich. Mit der deutschen Einheit verbanden sich große Hoffnungen sowohl im Osten als auch im Westen des Landes: Freiheit, Wohlstand und Zusammenhalt in einem geeinten Deutschland und einem geeinten Europa. Die Gefühle der Freude und der Euphorie wurden aber auch begleitet von Sorgen, Unsicherheit und Orientierungslosigkeit. Und heute müssen wir eingestehen, dass sie auch nach 30 Jahren nicht gänzlich überwunden worden sind.

Viele Bürgerinnen und Bürger in Ostdeutschland vermissen die Anerkennung ihrer Lebensleistung, erleben Ungleichheit und Ungerechtigkeit, fühlen sich nicht gehört und mit ihren Problemen allein gelassen. Wir müssen endlich dafür sorgen, dass gleichwertige Lebensverhältnisse in Ost und West hergestellt werden. Dazu gehören nachhaltiges wirtschaftliches Wachstum, gleiche Löhne für gleiche Arbeit und mehr als nur die bloße existenzsichernde Rente.

Wir müssen uns außerdem für die Erfahrungen, Geschichten und Schicksale öffnen, die die Menschen in Ost- und Westdeutschland erlebt haben. Das fehlende Wissen über die jeweils andere Lebenserfahrung manifestiert das Trennende zwischen Ost und West, statt es durch Zuhören und Verständnis zu überwinden. Der Westen hat mit einem teils überheblichen Auftreten zu dieser Spaltung beigetragen. Viel zu selten kamen die progressiven Impulse zur Sprache, mit denen Ostdeutschland die gesamte Bundesrepublik geprägt haben: der Ausbau der Kindertagesbetreuung, die gleichberechtigtere Teilhabe von Frauen in der Arbeitswelt, in Politik und Gesellschaft oder auch die Debatte um den Paragraphen 218 StGB sind nur einige Beispiele, in denen der Osten des Landes eine Vorreiterrolle einnahm.

Um die immer noch bestehenden strukturellen Benachteiligungen zu beseitigen und den Osten des Landes voranzubringen, brauchen wir eine umfassende politische Agenda, die Gerechtigkeit, Sicherheit und Innovation für alle Teile des Landes sicherstellt.  Es geht um gleichwertige Aufstiegschancen für alle Menschen in unserer Gesellschaft und um ein neues Vertrauen in den Staat, der die Sorgen der Bürgerinnen und Bürger ernst nimmt.“